Hans Gottlob Rühle
HAIKU
Marburger-Vogelwelt

HANS GOTTLOB RÜHLE - GEDICHTE
HAIKU

Der Frost singt leise.
Gang durch jungfräulichen Schnee.
Die Krähen stöhnen.

Ihr mögt mich nicht. Doch
Im Frühling, wenn ich weg bin,
vermißt ihr etwas.

Verbrannter Weinstock.
Schon blühen Osterglocken.
Häuser menschenleer.

Meer vor weißem Karst.
Olivenhaine locken.
Warum bluten sie?

Rosmarin blüht blau.
Schwarz-graue Wolken drohen
überm Meer und mir.

Rauch steigt steil empor,
Schnee frißt meine Müdigkeit.
Der Berg schreit nach mir.

Spätsommersonne
spielt mit dem reifen Meister
und seinen Werken.

Grün sein, stark und kühn.
Kiefer im Fels, auch wenn der
Himmel voll von Schnee.

Septemberregen
Die ganze Welt wie ein Schwamm,
verpackt in Wolken.

Krähen am Himmel
Glockentöne zerbrechen
die Stille der Nacht.

Im Mondlicht spielen
Kinder mit Schmetterlingen.
Stumme Schatten weinen.

Herbstmond wirft heimlich
der Erle ein Lächeln zu:
Wir sehn uns wieder!

Meine Ängste ziehn
rastlos wie wilde Gänse
hoch in den Wolken.

Nächtlicher Regen
schwemmt meine tiefe Schwermut
zum Tanzplatz hinab.

Hier und doch schon fern.
Leichter als Pflaumenblüten
weht die Zeit vorbei.

Peitschender Regen,
gefügig dem wilden Sturm.
Nur die Mauer trotzt.

Beim Straßenkehren
lausche ich dem Gesang der
Amseln und ihrem Lächeln.

Der Herbstwind fegt den
jungen Nebel über die
verblühten Steine.

Bewahre sie im
irdenen Gefäß, denn der
kalte wind stiehlt sie

Ich sah die Wildgänse ziehen,
hoch am Himmel fort.
Nach Freiheit duftet die Nacht.

Der Gesang der Schmetterlinge
streichelt den Beton
und stimmt ihn weich.

He Regenpfeifer
Im Traum siehst du mehr als ich.
Wo fliegst du heut Nacht?

Zurück zur Übersicht
Nächste Rubrik


Zurück zur Hauptseite
www.Marburg-Impressionen.de
 

[Startseite] [Aktuell] [Künstlerportraits] [Impressum]